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Impfungen für Pferde – Wohl oder Übel?

von Sabine Müller

Impfungen können ein wirkungsvoller Schutz gegen schwere Erkrankungen sein. Sie sind jedoch ein nicht zu unterschätzender Eingriff in das natürliche Immunsystem und immer auch mit dem Risiko von vorübergehenden oder dauerhaften Schäden verbunden.

Haustiere und Pferde werden häufig in sehr viel kürzeren Abständen geimpft als Menschen, obwohl sich die Funktionsweise des Immunsystems nicht unterscheidet. Tiere verfügen ebenso wie Menschen über ein Immungedächtnis, das sich auch viele Jahre nach einer Infektion oder Impfung noch an die erfolgreiche Bekämpfung erinnert. Bei Tieren gibt es jedoch kaum Untersuchungen über die maximale Dauer des Impfschutzes. Auch über die möglichen Risiken weiß man im Vergleich zu Humanimpfstoffen wenig. Was Tierhalter und auch viele Tierärzte über Schutz- und Nebenwirkungen von Impfstoffen erfahren, stammt zumeist von den Herstellern der Impfstoffe selbst. Unabhängige und objektive Impfaufklärung ist selten.

Hier sollen für Pferdehalter die wenigen unabhängigen und wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse dargestellt werden, auf deren Grundlage eine verantwortungsvolle Impfentscheidung erst möglich ist.


Tetanusimpfung – Schutz für viele Jahre

Tetanus ist eine schwere Erkrankung, die den Tod des betroffenen Tieres zur Folge haben kann. Sie wird verursacht durch das Gift des Tetanus-Bakteriums, das zentralnervöse Störungen hervorruft. Selbst nach Ausschöpfung aller therapeutischen Möglichkeiten sterben 50-80% der betroffenen Tiere.

Bei der Schutzimpfung wird das Tetanustoxin in abgeschwächter Form gespritzt. Nach der Leitlinie der Ständigen Impfkommission Veterinär sollen Fohlen im Alter von 6 Monaten ihre erste Tetanusimpfung erhalten. Diese wird 4-6 Wochen später noch einmal wiederholt. Im Alter von 18 – 20 Monaten erfolgt dann die dritte Impfung. Danach wird die Impfung im Abstand von 2 Jahren aufgefrischt. Die Festlegung auf ein Intervall von 2 Jahren bedeutet, dass die Impfstoffhersteller geprüft haben, ob über die Dauer von zwei Jahren eine als schützend geltende Menge von Tetanus-Antikörpern im Blut der geimpften Tiere nachweisbar ist (= Titer). Es bedeutet nicht, dass die Wirkung nach zwei Jahren aufhört – es bedeutet, dass die Hersteller es nicht für einen längeren Zeitraum getestet haben.

Es gibt mehrere ältere unabhängige Untersuchungen, die eine länger anhaltende Immunität zeigen konnten. Eine aktuelle Studie der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig aus dem Jahr 2015 bestätigt diese Erkenntnisse erneut. Die Wissenschaftler untersuchten den Antikörpertiter im Blut von Pferden mit unterschiedlichen Impfanamnesen und stellten fest, dass auch Pferde mit längeren Impfintervallen, z.B. 5 Jahre, schützende Titer aufwiesen. Es ist also sinnvoll, vor einer Wiederholungsimpfung zu prüfen, ob sie überhaupt nötig ist. Das ist über einen seit 2012 verfügbaren Schnelltest möglich, den jeder Tierarzt vor einer Tetanusimpfung leicht durchführen kann.

Die Tiermediziner der Leipziger Universität empfehlen ihrer aktuellen Untersuchung zur Folge eine erste Impfung nach Vollendung des 5. Lebensmonats und eine zweite 6-8 Wochen später. Eine Wiederholung der Impfung 8-10 Jahre nach dieser Grundimmunisierung halten sie für ausreichend.

Auch Pferde, bei denen kein als schützend geltender Antikörpertiter im Blut nachgewiesen wird, sind nach der Grundimmunisierung über das Immungedächtnis geschützt. Schweizer Forscher beobachteten 7000 Pferde, die nur grundimmunisiert wurden, über einen Zeitraum von 12 Jahren. Keines der Pferde erkrankte. Eine Gruppe von Pferden, deren Grundimmunisierung 5-8 Jahre zurücklag, wurde mit der dreifach tödlichen Dosis des Tetanustoxins konfrontiert. Auch hier erkrankte keines der Pferde, obwohl bei einem Teil der Pferde keine Antikörper im Blut mehr nachweisbar waren. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass nach der Grundimmunisierung die Schutzwirkung zeitlebens erhalten bleibt, auch wenn nach vielen Jahren Antikörper im Blut fehlen. Bei der geringsten Zufuhr des Gifts von Tetanusbakterien bildet der Organismus wieder rasch und reichlich Antikörper.


Influenzaimpfung – läuft und läuft und läuft

Influenza ist für ansonsten gesunde Pferde eine ungefährliche Erkrankung, die sich durch Husten und Fieber äußert. Sie kann zu Komplikationen führen, wenn die erkrankten Tieren nicht ausreichend Zeit zur Erholung haben.

Die Erkrankung wird – ähnlich der Menschengrippe – durch eine Vielzahl unterschiedlicher Viren hervorgerufen, die sich dazu noch häufig verändern. Bei der Impfung werden inaktivierte Viren oder Virenbestandteile von zumeist drei verschiedenen Virenstämmen verabreicht. Die Zusammensetzung der Virenstämme ist bei den auf dem Markt befindlichen Impfstoffen unterschiedlich. Während die Humanimpfstoffe jährlich aktualisiert werden, geschieht das bei den Influenza-Impfstoffen für Pferde nicht: Der jüngste in Impfstoffen verwendete Virenstamm ist aus dem Jahr 2007.

Da sich die Viren ständig ändern, ist die Schutzwirkung in der Praxis nicht vorhanden. Das wird auch durch Untersuchungen an Influenza-Epidemien in Rennställen in der ganzen Welt belegt. Es sind gleichermaßen geimpfte wie ungeimpfte Tiere betroffen. So erkrankten laut einer Vergleichsstudie über eine Influenza-Epidemie in einem kanadischen Rennstall 18 von 113 geimpften Pferden gegenüber 26 von 120 ungeimpften Pferden. Der Forderung der Forscher, man solle von einer empfohlenen Impfung zur Verhinderung von Atemwegserkrankungen beim Pferd doch mindestens erwarten können, dass die Erkrankungsrate bei geimpften Pferden halbiert wird, kann man sich nur anschließen.

Nunmehr über 50 Jahre Forschung und Entwicklung für Pferdeinfluenza-Impfstoffe haben keinen wirkungsvollen Schutz gegen die Infektion hervorgebracht. Warum die FN diese Impfung dann weiter für die Teilnahme an Leistungsprüfungen vorschreibt, bleibt ihr Geheimnis.

Als Vorsorge gegen die Pferdeinfluenza sollte man besser auf artgerechte Tierhaltung setzen als auf Impfstoffe ohne Schutzwirkung. Um Komplikationen vorzubeugen, muss man seinem Pferd bei einer Influenza-Erkrankung ausreichend Ruhe gewähren.


Herpes – Immunsystem stärken statt Impfen

Herpesviren werden für Atemwegserkrankungen, Aborte und Lähmungserscheinungen verantwortlich gemacht. Jedoch hat sich ein hoher Prozentsatz der Pferde in Deutschland bereits im Alter von
3 Jahren mit Herpesviren auseinandergesetzt, ohne zu erkranken.

Wie bei der Influenza-Impfung lassen sich Erfolge der Herpes-Impfung in der Praxis nicht erkennen. Es gibt viele Berichte von Herpes-Erkrankungen bei geimpften Pferden. So verloren in einem norddeutschen Gestüt 2014 16 von 25 Stuten ihr Fohlen durch eine Herpes-Infektion. Die Stuten waren korrekt geimpft. Es gibt sogar Untersuchungen, die eine Zunahme von Stutenaborten nach der Einführung der Herpes-Impfung Mitte der 80er Jahre nachweisen.

Auch schwere neurologische Verlaufsformen werden nicht verhindert. In Ohio erkrankten in einem Stall mit 144 Pferden 85% – das sind 122 Pferde. 12 der erkrankten Pferde starben, bzw. mussten getötet werden. Alle Pferde waren gegen Herpes geimpft. Und auch bei den seit einigen Jahren in Deutschland auftretenden Herpesinfektionen mit schwerem, teils tödlichem Verlauf, erkranken und sterben nach Herstellervorschrift geimpfte Pferde.

Das Institut für Virologie an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien führte 1990 Testinfektionen an 20 Pferden durch. Eine Gruppe erhielt einen inaktivierten Impfstoff, eine einen Lebendimpfstoff und zwei Pferde der Gruppe waren ungeimpft. Alle Pferde erkrankten durch die Infektion. Von den 10 tragenden Stuten, alle geimpft, verloren 5 ihr Fohlen.

Gelegentlich wird für die Influenza- und die Herpesimpfung argumentiert, dass über die regelmäßige Impfung des gesamten Bestandes, also aller Pferde eines Stalles, eine „Herdenimmunität“ erreicht werden könnte. Doch bleibt die Frage offen, wie das funktionieren soll, wenn die Tiere trotz Impfung erkranken und die Viren weiter verbreiten.

Ebenso wie für die Pferdeinfluenza gilt, dass ein natürlich starkes Immunsystem die beste Vorsorge ist. Die Impfung schützt nicht.


Fazit

Die Tetanus-Grundimmunisierung von Pferden ist empfehlenswert. Untersuchungen und Testinfektionen belegen, dass grundimmunisierte Tiere selbst ohne nachweisbare Antikörper im Blut geschützt sind. Wiederholungsimpfungen werden heute noch zu häufig durchgeführt und sind eine unnötige Belastung. Die Anwendung eines Schnelltests zeigt, ob ein als schützend geltender Antikörpertiter vorhanden ist.

Die Influenza-Impfung zeigt in der Praxis keine Schutzwirkung, die eine Impfempfehlung rechtfertigen würde. Die Impfvorschriften der FN lassen sich anhand der Ergebnisse objektiver wissenschaftlicher Untersuchungen nicht nachvollziehen.

Auch die Herpes-Impfung schützt die Pferde nicht vor einer Erkrankung. Bei Ausbrüchen und nach Testinfektion erkranken geimpfte und ungeimpfte Pferde. Für die Gesunderhaltung der Pferde ist artgerechte Haltung die beste Vorsorge.

Für den Artikel  verwendete Quellen:
Barquero et al., Evidence-Based Immunization in Horses, Vet. Clin. Equine 23 (2007), 481-508
J. Löhrer, P. Radvila, Aktive Tetanusprophylaxe beim Pferd und Immunitätsdauer, Schweizer Archiv für Tierheilkunde, Band 112, Heft 7 (1970), S. 307-314
H.-J. Wintzer, H.-D. Körber, U. Holland, Zur Tetanus-Prophylaxe beim Pferd, Berl. Münch. Tierärztl. Wschr. 88 (1975), 181-183
Recknagel et al., Impfpraxis und Seroprotektion gegenüber Tetanus bei Pferden in Mitteldeutschland, Pferdeheilkunde 31 (2015), S. 469-476
Kristina Lehmann, Pferdeinfluenza in Berlin. Dissertation, Freie Universität Berlin 1997
Morley, Townsend, Efficacy of a commercial vaccine for preventing disease caused by influenza virus infection in horses, Journal of the American Veterinary Medical Association 215 (1999), S. 61-66
Stephanie Davies, Herpes virus death toll notably high, university experts say, DVM Newsmagazine, March 1, 2003
P. Steinhagen, Zur Situation der Equinen Herpesvirus Typ 1 (EHV1)-Infektion in der Warmblutzucht Schleswig-Holsteins, Tierärztl. Umschau 43 (1988), S. 348- 349
Damiani et al., A severe equine herpesvirus type 1 (EHV-1) abortion outbreak caused by a neuropathogenic strain at a breeding farm in northern gemany, Veterinary Microbiology, Vol. 172 (2014), S. 555-562
Viraemia and abortions are not prevented by two commercial Equine Herpesvirus-1 vaccines after experimental challengs of horses, The Veterinary Quarterly Vol. 12 (2) (1990), S. 80-86

© Sabine Müller 2016
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